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Bisphenol A

Herstellung

Bisphenole werden durch Reaktion von Phenolen mit Carbonylverbindungen erhalten. Bisphenol A entsteht durch Reaktion von Phenol mit Aceton (Daher das "A" in Bisphenol A). Es handelt sich um eine reguläre elektrophile aromatische Substitution. Der elektrophile Angriff des Formaldehyds führt dabei zunächst zum σ-Komplex.

Reaktionsmechanismus

Die OH- Gruppe hat einen +M-Effekt und aktiviert den Aromaten deshalb stark. Sie dirigiert Zweitsubstituenten in die para und ortho-Stellung, weil sich dann für den σ-Komplex eine vierte Grenzformel formulieren lässt, bei der das O-Atom die Ladung trägt. (Siehe b.) Infolge der besseren Ladungsverteilung haben diese σ-Komplexe eine niedrigere Energie und die Substitution ist grundsätzlich kinetisch bevorzugt. "Grundsätzlich heißt", dass zusätzlich auch sterische Aspekte zu berücksichtigen sind, weshalb hier ausschließlich das para-Produkt gebildet wird. Der σ-Komplex reagiert ab, indem er ein Proton abspaltet:

Reaktionsmechanismus

Die OH-Gruppe des erhaltenen Zwischenproduktes wird leicht protoniert und dann als Wasser abgespalten, weil sie sich in einer benzylischen Stellung befindet und die verbleibende Ladung deshalb auch hier wieder durch Mesomerie stabilisiert ist:

Reaktionsmechanismus

Auf diese Weise entsteht erneut ein Elektrophil, welches in analoger Reaktion ein zweites Phenol-Molekül angreift und das Bisphenol A liefert:

Reaktionsmechanismus

Bisphenol A wird zu Kunststoffen weiterverarbeitet. 2006 betrug die Weltjahresproduktion 4.000.000 t. Beispielhaft sind nachfolgend 2 Kunststoffe beschrieben.

Verwendung

Herstellung von Polycarbonaten

Wegen der hohen optischen Transparenz wird Polycarbonat z.B. als Glasalternative eingesetzt, z.B. für Kunststoffgläser, CD's oder Visiere. Es kann durch Umsetzung von Bisphenol A mit Phosgen erhalten werden. Mechanistisch muss man sich das Phosgen dabei als aktiviertes Kohlensäurederivat vorstellen. Es reagiert zwei Mal in gleicher Weise:

Reaktionsmechanismus

Da auch das Bisphenol A zwei Mal reagieren kann, wird ein Polymer der folgenden Struktur erhalten.

Reaktionsmechanismus

Diese Synthese hat allerdings zwei Nachteile:

Die Synthese muss deshalb als Grenzflächenreaktion durchgeführt werden, wobei die wässrige Phase den Alkohol sowie Natronlauge enthält und das Phosgen in die organische Phase (Dichlormethan o.ä.) eingeleitet wird. Die Natronlauge aktiviert den Alkohol (Alkoholatbildung) und bindet das Salzsäuregas. Hydrolyse des Phosgens zu Kohlensäure durch das Wasser muss als Nebenreaktion in Kauf genommen werden.

Alternativ kann man das Phosgen durch Diphenylcarbonat ersetzen. Der Mechanismus ist dann eine Umesterung. Da das Diphenylcarbonat weitaus weniger reaktiv ist, muss die Reaktion bei hohen Temperaturen (bis zu 300 °C) und vermindertem Druck (um das als Reaktionsprodukt erhaltene Phenol abzutrennen) durchgeführt werden. Damit dabei nicht alles verkohlt, muss zusätzlich unter Schutzgas gearbeitet werden.

Herstellung von Epoxidharzen

Epoxydharze werden als Klebstoff und Beschichtungsmaterial (z.B. für Konservendosen) sowie Einbrennlacke verwendet. Das Harz ist bereits ein Oligomer mit endständigen Epoxid-Gruppen. Es wird durch Versetzen mit mehrwertigen Nucleophilen, z.B. mit mehrfachen Aminen (Quervernetzung) ausgehärtet. Ein Bisphenol-A-Harz lässt sich durch Umsetzen mit Epichlorhydrin herstellen:

Reaktionsmechanismus

Die Reaktion findet in basischem Medium statt. Da phenolische OH-Gruppen aufgrund der Mesomeriestabilisierung des zurückbleibenden Phenolats deutlich acider sind als aliphatische Alkohole, Wird das Bisphenol A zunächst zum Phenolat deprotoniert. Epichlorhydrin ist ein ambidentes Reagenz - angreifende Nucleophile können also in 1-Stellung oder in 2-Stellung angreifen. (Siehe grünen und roten Pfeil.) Die basische Öffnung von Epoxiden erfolgt nach einem SN2-Mechanismus. Die Regioselektivität wird dabei in erster Linie durch sterische Aspekte und weniger durch Ladungsstabilisierungen vorgegeben. Der Angriff erfolgt also am sterisch weniger anspruchsvollen Ende des Moleküls. Unterstützt wird dies hier durch den Umstand, dass nur dann das Sauerstoffatom des geöffneten Epoxids seinerseits in einer SNi-Reaktion das Chloratom unter Ausbildung eines neuen Epoxidrings verdrängen kann und so einer Rückreaktion zu den Edukten entzogen wird. Epichlorhydrin ist ein wichtiger industrieller Grundstoff. Es ist giftig, allergisierend und krebserzeugend.

Das umgesetzte Bisphenol A lässt sich mit unreagiertem Bispenol A analog umsetzen:

Reaktionsmechanismus

Gefährdungsproblematik

Bisphenol A kann die Fruchtbarkeit beeinträchtigen (Kategorie 1B), was vermutlich an der schwach östrogenen Wirkung liegt. Bisphenol A wird im Körper rasch abgebaut, weshalb es fraglich ist, ob es im Niedrigdosisbereich, der aus der Verwendung bisphenol A-haltigen Kunststoffen resultieren kann, eine Wirkung entfalten kann.

Vor allem bei Polycarbonaten wird befürchtet, dass bei Kontakt mit Lebensmitteln - insbesondere beim Erhitzen - Bisphenol A auch wieder freigesetzt werden könnte. Nach Lehrbuchwissen sind Esterspaltungen zwar erst in extrem basischen Medium relevant ("Esterverseifung"). Es geht hier aber um Reaktionen, die nur eventuell und nur in geringem Umfang ablaufen und deshalb normalerweise nicht lehrbuchrelevant sind.

Die Kunststoffbeschichtung von Konservendosen mit Epoxidharzen ist zunächst einmal ein Sicherheitsgewinn. Käme der Doseninhalt nämlich direkt mit dem Dosenblech in Kontakt, so könnten sich, insbesondere unter den oxidativen Bedingungen nach dem öffnen der Dose Metallionen im Doseninhalt lösen. (Früher musste deshalb eine Konservendose sofort nach dem Öffnen vollständig ausgeleert werden.) Heutzutage kann es dafür vorkommen, dass Bisphenol A im Doseninhalt nachgewiesen werden kann. Da für den Menschen der Hauptaufnahmeweg über die Nahrung erfolgt, gibt es daher Überlegungen, Konservendosen mit anderen Kunststoffen auszukleiden. Das ist nicht trivial, denn es muss ja gesichert sein, dass die Alternativen weniger Schadstoffe freisetzen oder dass freigesetzte Stoffe weniger schädlich sind, was auch bedeutet, dass auch für die Bestandteile der Alternativen bereits gesicherte Erkenntnisse über das Gefahrenpotential vorliegen müssen.

Die Studien zum Gefahrenpotential von Bisphenol A sind so zahlreich wie kontrovers, weshalb die Diskussion um die Substanz z.T. emotional aufgeladen sind. Bei bestimmungsgemäßer Verwendung von Kunststoffprodukten, die Bisphenol A enthalten, sind eindeutige Gefahren für Menschen bisher nicht erkennbar. Dennoch wird aus Vorsorge die Verwendung solcher Kunststoffe bereits reguliert. So ist in der EU die Verwendung von Polycarbonat für Babyflaschen verboten. Es ist die Frage, ob man sich mit diesem Verbot selbst ins Knie geschossen hat, denn man weiß, dass aus Polypropylenflaschen deutlich mehr Substanzen in Lebensmittel übergehen können. Es ist nur so, dass man über die Wirkung dieser Substanzen noch wenig weiß. Ängstliche können auf Glasflaschen ausweichen, setzen sich dabei aber dem Glasbruchrisiko und dem damit verbundenen Verletzungsrisiko aus. Das mag banal klingen, aber es ist wohl wahrscheinlich, dass das Risiko einer Schnittverletzung bei Verendung einer Glasflasche um einiges höher ist als das Risiko eines durch Verwendung einer Kunststoffflasche bedingten Gesundheitsschadens durch freigesetztes Bisphenol A.

Das für Kassenbons verwendete Thermopapier enthielt bis 2020 ebenfalls Bisphenol A als farbgebende Komponente in leicht löslicher Form. Seitdem ist dies gemäß Anhang XVII der REACH-Verordnung verboten.

Weiterführende Links